Zum Feiern 30 Jahre Zukunft
Am 22. Dezember 1995 unterzeichnete der SAP-Mitgründer und Physiker Klaus Tschira in Heidelberg die Gründungsurkunde der Klaus Tschira Stiftung. Mit Pioniergeist ausgestattet und angetrieben durch die Neugier und den Wissensdurst des Stifters, verfolgte sie von Anfang an ihren Stiftungszweck: die Förderung von Forschung, Bildung und Wissenschaftskommunikation mit Fokus auf die Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik.
Schon in den ersten Jahren setzte sie wichtige Impulse – etwa mit der Ausschreibung des KlarText-Preises für Wissenschaftskommunikation, damals noch Klaus-Tschira-Preis für verständliche Wissenschaft. Ziel war es damals wie heute, Promovierte der Naturwissenschaften zu ermutigen, die Gesellschaft stärker an ihren Erkenntnissen und dem Forschungsprozess teilhaben zu lassen – zu erklären, was sie tun, warum und was sich dadurch für die Welt verändert.
Klaus Tschira (1940 – 2015) war ein innovativer Ideenentwickler und Visionär, der vermeintliche Grenzen überschritt. Er und seine Stiftung brachten Disziplinen zusammen, die in der damaligen Zeit weit voneinander entfernt schienen. Früh erkannte er die Bedeutung von transdisziplinärer Datenwissenschaft und -analyse und gründete beispielsweise 2010 das Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS). Das Institut forscht seither interdisziplinär und datengetrieben an vielfältigen Themen – von der Astrophysik bis zur Zellbiologie.
Mit seiner Stiftung schuf Klaus Tschira Freiräume für Forschende. Zahlreiche Initiativen und neuartige Formate fördern den Austausch über Fachgrenzen hinweg. Hier sollen Wissenschaftler:innen frei denken, voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren.
Doch die Stiftung fördert nicht nur Spitzenforschung. Denn das Staunen und das Beobachten von Naturphänomenen beginnt schon im Kindergartenalter. Beispielsweise wurde mit der Forscherstation in Heidelberg eine eigene Institution geschaffen. Sie bildet pädagogische Fachkräfte in der Gestaltung forschender Lernumgebungen aus. So lernen Kinder, spielerisch Naturphänomene zu entdecken, eigene Fragen zu stellen – und die Freude an den Naturwissenschaften von klein auf zu erleben. Bildung ist der Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft, zu einem selbstbestimmten Leben und faktenbasierten Diskursen – schlicht der Grundstein für unsere Demokratie. Das war die Überzeugung von Klaus Tschira und wird auch von seiner Stiftung weitergetragen.
Seit der Gründung vor drei Jahrzehnten hat sich die Forschungslandschaft rasant weiterentwickelt. Forschende sind immer stärker international vernetzt, während sich Arbeitsgruppen innerhalb ihrer Fachgebiete zunehmend spezialisieren. Auch die Wissenschaftskommunikation – ein wichtiger Förderschwerpunkt der Stiftung – hat in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen und sich enorm professionalisiert. Alle gesellschaftlichen Bereiche, die die Stiftung mitgestaltet, vereint der Wandel und die gegenwärtigen Herausforderungen wie der Umgang mit Künstlicher Intelligenz, die in manchen Teilen der Gesellschaft steigende Skepsis gegenüber wissenschaftlicher Erkenntnis oder das nachhaltige Leben und Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen.
Die Stiftung hat diesen Wandel stets aktiv begleitet und startet mit einem neuen Förderkonzept in ihr Jubiläumsjahr. Das neu aufgebaute Team im Fördermanagement setzt nun die Wirkung ins Zentrum der Förderpraxis: Bei der Evaluierung wird ein Ansatz genutzt, der festgelegte Kriterien wie wissenschaftliche Exzellenz, Innovationspotenzial, Umsetzbarkeit und gesellschaftliche Relevanz umfasst. Die Evaluierung erfolgt nach dem MEL+C Cycle (Measurement, Evaluation, Learning + Communication), bei dem die Kriterien systematisch und fortlaufend gemessen und im Projektverlauf jederzeit nachjustiert werden können. Statt wie bisher jedes Projekt einzeln und nur am Ende der Laufzeit zu bewerten, wird über die kontinuierliche Wirkungsmessung eine gesamte Förderlinie in den Fokus genommen und mit übergeordneten Zielen abgeglichen. Viele Puzzleteile fügen sich zu einem Ganzen.
Weiterhin gilt: Innovationen entstehen vor allem an den Schnittstellen von Disziplinen. Forschende brauchen ebendiese Allianzen und Freiräume, um Kooperationen wachsen zu lassen und weiterhin zukunftsweisende Projekte auf den Weg zu bringen. Ein Beispiel dafür sind die von der Stiftung initiierten mehrtägigen Sandpits: Hier kommen Wissenschaftler:innen in den Räumen der Stiftung zusammen, um gemeinsam über Institutions- und Fachgrenzen hinweg neue interdisziplinäre Forschungsvorhaben zu entwickeln. Die Ergebnisse von solchen Sandpits können nach positiver Begutachtung von den Teilnehmenden als Förderprojekt realisiert werden.
Bei der Umsetzung der Ziele ist die Stiftung nicht auf sich alleine gestellt: Sie hat im Laufe der Jahre einen starken Verbund aufgebaut, der maßgeblich dazu beiträgt, den Stiftungszweck zu verwirklichen. Das in drei Jahrzehnten Geschaffene wird nun in die Zukunft getragen. Mit neuen Instrumenten zur Wirkungsmessung und mit moderner Förderpraxis richtet die Klaus Tschira Stiftung den Blick nach vorn – mit dem Ziel, die Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik als zentralen Baustein unserer Gesellschaft nachhaltig zu fördern.