Portrait von Anja Karliczek vor dem deutschen Bundestag
©Rauß Fotografie

Interview Fünf Fragen an Anja Karliczek

Anja Karliczek ist Bundesminis­terin für Bildung und Forschung. Seit 2013 ist sie Mitglied des Deutschen Bundes­tages. Von 2017 bis März 2018 war sie Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundes­tags­fraktion

Jeder zehnte Deutsche stellt die Evo­lutions­theorie infrage, acht Prozent bezweifeln, dass vor allem der Mensch für den Klima­wandel verantwortlich ist. Wie kann das sein?
Wir leben in einer komplexen Welt. Da fällt es manchen Menschen leichter, den einfachen Antworten zu glauben, als sie mit Auf­wand zu wider­legen. Fake News und Verschwörungs­theorien sind Frontal­angriffe auf die Wissen­schaft. Unser Vertrauen in die Wissen­schaft können wir nur dann bewahren, wenn wir engagiert und auf der Grund­lage von Fakten für diesen Fort­schritts­motor unserer Gesell­schaft werben. Mir liegt das sehr am Herzen, weil wir nur so unseren nach­folgenden Generationen die Chance auf ein gutes Leben bieten können.

Es gibt Entwicklungen – etwa im Bereich der Gen­technik –, die zentrale ethische und rechtliche Fragen berühren. Wie wollen Sie sicher­stellen, dass in solchen Fällen ein gesell­schaftlicher Diskurs statt­finden kann?
Unsere offene Gesellschaft lebt davon, dass wir hart in der Sache, aber anständig im Ton um den richtigen Kurs ringen. Das gilt für alle Fragen unseres gesell­schaftlichen Zusammen­lebens. Gerade Wissenschaft und Politik müssen über weit­reichende techno­logische Entwicklungen mit Bürgern auf Augen­höhe und der Basis von Fakten ins Gespräch kommen. Wir fördern diesen gesellschaftlichen Dialog­prozess auf allen Ebenen und in der gesamten thematischen Breite meines Ministeriums.

Wissenschaft ist komplex, höchst spezialisiert und oft kaum vermittelbar. Nicht alle Forscher können ihre Arbeit öffentlichkeits­wirksam präsentieren. Was tun?
Kommunikation sollte eine größere Rolle in der Ausbildung des wissen­schaftlichen Nach­wuchses und in der Weiter­bildung spielen. Wissen­schaftler brauchen für den Aus­tausch mit der Öffentlich­keit bessere Rahmen­bedingungen: also mehr Zeit, Ressourcen und Anerkennung. Wissen­schafts­kommunikation könnte künftig noch stärker als bisher als Kern­bestand­teil von Forschungs­projekten finanziert und bei der Auswahl für eine Förderung berücksichtigt werden.

Sie wollen in den kommenden Jahren deutlich mehr in Forschung und Entwicklung investieren. Was planen Sie konkret für die Verbesserung der Wissen­schafts­kommunikation?
Neben verbesserten Rahmenbedingungen setze ich mich für eine Stärkung der Partizipations­möglichkeiten von Bürgern ein. Das betrifft den Aus­tausch zu forschungs­politischen Fragen ebenso wie die Bürger­beteiligung an Forschungs­prozessen. Hier sehe ich Potenzial im Bereich Citizen Science.

Als Betriebs­wirt­schaftlerin beschäftigten Sie sich einst mit der „steuerlichen Vor­teil­haftigkeits­analyse zur Aus­lagerung von Pensions­verpflichtungen aus Arbeit­geber­sicht“. Erklären Sie uns Laien kurz, worum es da ging?
Ein wirklich spannendes Feld! Angenommen Sie wollen ein Unter­nehmen um­strukturieren. Dann könnte es sinn­voll sein, Pensions­verpflichtungen aus der Bilanz aus­zulagern. Für die Aus­lagerung gibt es verschiedene Modelle. Dabei werden Sie vermutlich für Ihre unter­nehmerische Entscheidung steuer­rechtliche Auswirkungen abwägen. Dies kann das Unter­nehmens­steuer­recht oder das Bilanz­steuer­recht betreffen. Manche Modelle haben steuerliche Nach­teile für den Arbeit­nehmer, manche für den Arbeit­geber. Andere haben keine steuerlichen Nach­teile, sind aber ziemlich kompliziert in der Um­setzung. In meiner Arbeit habe ich genau diese Wechsel­wirkungen unter­sucht.

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