Damit wussten wir augenblicklich warum wir diese Substanz in unseren Laborkulturen nicht fanden Für die Produktion dieses Stoffes benötigte das Cyano bakterium Bromid das in unserer Nährlösung nicht enthalten war Nachdem wir anschließend auch unseren Labor kulturen Bromid hinzugefügt hatten ließ sich auch in diesen Versuchen die neue Substanz nachweisen Darüber hinaus konnten wir zeigen dass die Grund nessel Bromid aus dem Wasser anreichert und somit dem Cyanobakterium ein bromidreiches Umfeld zur Verfügung stellt Eine systematische Untersuchung von betroffenen und nicht betroffenen Gewässern bestätigte unseren Verdacht Die bromhaltige Substanz konnte nur dort nachgewiesen werden wo auch die vakuoläre Myelinopathie auftrat Wir fanden das mutmaßliche Gift zudem in Gewebe proben verendeter Blässhühner aus den betroffenen Gebieten Daraufhin isolierten wir die Substanz klärten ihre neuartige chemische Struktur auf und gaben ihr einen Namen Aetokthonotoxin Das ist Griechisch und heißt zu Deutsch Gift das den Adler tötet Den endgültigen Beweis dafür dass Aetokthonotoxin der lang gesuchte Auslöser der vakuolären Myelino pathie ist lieferten Hühner Nachdem sie dieser Substanz ausgesetzt waren entwickelten auch sie die charakteristischen Vakuolen in ihren Gehirnen Eine wichtige Frage war indes noch auf welchem Weg das für die Produktion des Giftes benötigte Bromid in die Seen gelangt Denn allein durch natürliche Quellen ließen sich die hohen Konzentra tionen nicht erklären Tatsächlich wird ausgerechnet die sich aggressiv ausbreitende Grundnessel in manchen Gewässern mithilfe von bromidhaltigen Pflanzenvernichtungsmitteln bekämpft Auch Kohle kraftwerke Müllverbrennungsanlagen oder die Flammschutzmittelindustrie setzen Bromid frei Diese Bromideinträge sind somit für die Vergiftung der Adler und anderer Wildtiere mitverantwortlich Aetokthonotoxin bedroht Vögel Fische Amphibien und Reptilien und womöglich auch Säugetiere und den Menschen Die Grundnessel und das Cyano bakterium breiten sich weiterhin aggressiv aus Jetzt da wir nach fast 30 Jahren die Ursachen für die Vergiftung kennen können gefährdete Gewässer auf die Anwesenheit von Aetokthonos hydrillicola und seines neuen Giftes überprüft werden Hätte es sie nie gegeben gäbe es uns heute vermutlich auch nicht Cyanobakterien gehörten zu den ersten Organismen auf unserem Planeten Das Besondere an ihnen Sie können aus Licht Energie erzeugen Sehr wahrscheinlich dass Algen sie sich im Lauf der Evolution einverleibten und so die Photo synthese in Gang kam Den Cyanobakterien haben wir also den Sauerstoff in unserer Atmosphäre zu verdanken Heute besiedeln sie fast jeden Winkel der Erde Außer in der Luft können sie fast überall leben Sie finden sich in heißen Quellen genauso wie im arktischen Eis Sie leben in Wüsten Seen ja selbst in Sedimenten kilometertief unter dem Meeresboden Die meisten von uns machen leider keine guten Erfahrungen mit den auch Blaualgen genannten Mikroben Wenn die näm lich groß rauskommen so groß dass man die Algenteppiche aus dem All sehen kann dann sorgen sie nicht selten für Auf sehen Zwar sind nur rund 40 von vielen Tausend Arten gefähr lich aber eben diese erzeugen Giftstoffe die unter widrigen Umständen Enten Hunde und sogar Badende ernst haft gefährden Außerdem überdüngen sie die Ökosysteme sodass im Sommer immer wieder Gewässer umkippen Doch gibt es von den Bakterien auch Gutes zu berichten So pro duzieren manche von ihnen Substanzen die krankheitserregende Pilze abtöten Oder Öle aus denen sich in Bioraffinerien umwelt freundliche Kraftstoffe herstellen lassen Andere sind vielver sprechende Kandidaten für neue Medikamente Forschende der University of Cambridge haben gar eine Algenbatterie gebaut in der Cyanobakterien per Photosynthese Strom erzeugten und ein Jahr lang einen kleinen Computerprozessor betrieben Rich tig groß raus kämen die Bazillen aber wenn sie eines Tages zum Mars fliegen Auch da könnten sie sich wohlfühlen und wie einst auf der noch jungen Erde irgendwann den Sauerstoff für zukünf tige Siedler innen erzeugen JS ZUM THEMA DIE ERSTEN SIEDLER Am Anfang allen irdischen Lebens stand vielleicht die Blaualge Eine lange Erfolgsgeschichte ganz kurz PRÄMIERTER ARTIKEL IN BIOLOGIE 23
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