Im Fall von SpsB geschieht genau das Gegenteil PK150 behindert das Protein nicht sondern überak tiviert es SpsB ist eine sogenannte Signalpeptidase Diese fungiert in der Zellmembran als Pförtner der dafür zuständig ist bestimmte Proteine aus der Zelle zu schleusen Diese Sekretion ist für die Bakterien überlebenswichtig Beispielsweise kontrolliert die Zelle so den Zustand ihrer Zellwand Und genau hier liegt vermutlich der Grund warum ein hyperaktives SpsB für das Bakterium fatal ist Unter jenen Protei nen die von SpsB ausgeschleust werden finden sich nämlich auch viele Autolysine Das sind Enzyme die beim Abbau der Zellwand helfen Das geschieht zum Beispiel während der Zellteilung damit aus einer Zelle zwei werden können Die Aktivität dieser Autolysine ist normalerweise streng reguliert Werden jetzt übermäßig viele Autoly sine auf einmal aus der Zelle transportiert gerät diese Regulation aus dem Gleichgewicht und die Autolysine beginnen wahllos die Zellwand zu zerstören In der Folge platzen die Zellen was wir unter dem Elektro nenmikroskop beobachten konnten Beide Angriffsziele von PK150 MenG und SpsB sind bereits für sich genommen neuartig weil keines der zugelassenen Antibiotika eine vergleich bare Wirkweise hat Das wäre schon vielverspre chend Die Kombination aus beiden macht PK150 aber noch stärker Es ist diese doppelte Wirkung die die Ausbildung von Resistenzen gegen PK150 so schwierig macht Denn mit einer Resistenz gegen eines der beiden Proteine allein ist es nicht getan das Bakterium muss sich gleich gegen zwei unab hängige Wirkmechanismen anpassen und das ist statistisch sehr unwahrscheinlich In einem weiteren wichtigen Schritt hin zu einer möglichen Anwendung in der Praxis konnten wir zeigen dass PK150 Bakterien nicht nur in der Petrischale tötet sondern auch in dem komplexen Organismus von Mäusen Dennoch ist der Weg zum Medikament noch weit Derzeit arbeiten wir daran die Substanz verträglicher zu machen Dann könn ten klinische Studien folgen in denen die Sicherheit am Menschen getestet wird Um diesen Prozess voranzubringen haben wir inzwischen eine Firma gegründet Doch bis daraus ein zugelassenes Antibiotikum entsteht werden wir wohl noch mindestens zehn Jahre warten müssen Es scheint absurd Einerseits breiten sich antibiotikaresistente Keime weltweit aus und könnten in absehbarer Zeit für ex ponentiell steigende Todeszahlen verantwortlich sein Anderer seits ziehen sich immer mehr Pharmaunternehmen aus der Erforschung neuer Medikamente zurück Denn gerade wegen der raschen Ausbildung von Resistenzen ist die Lebensspanne von Antibiotika begrenzt ihre Entwicklung jedoch wird zuneh mend teurer Das Geschäft mit ihnen lohnt sich nicht mehr Das Problem bei der Entwicklung neuer Antibiotikaklassen mit neuen Wirkmechanismen ist stets Die Substanzen müssen sich gegen bakterielle Zellen richten nicht aber gegen menschliche Zugleich müssen sie aber auch die richtigen Eigenschaften aufweisen um vom Körper aufgenommen und in ausreichender Menge zum Infektionsherd transportiert werden zu können Es gibt aber auch noch eine andere Herausforderung und die liegt in den Zulassungsvoraussetzungen So muss ein Unterneh men in Deutschland immer nachweisen dass das neue Medika ment wirksamer ist als ein bereits existierendes Das ist im Fall eines neuen Antibiotikums aber gar nicht unbedingt ausschlag gebend Eine Arznei wie im Beitrag von Robert Macsics be schrieben gegen die Mikroorganismen nur sehr schwer Resis tenzen ausbilden können wäre ja selbst bei vergleichbarer Wirksamkeit von ungeheurem Nutzen Es muss also etwas geschehen damit die Warnung der franzö sischen Abgeordneten im Europäischen Parlament Françoise Grossetête nicht wahr wird 2018 sagte sie Die Antibiotika resistenz ist ein Damoklesschwert Sie könnte unsere Gesund heitsversorgung ins Mittelalter zurückwerfen JS DAS DILEMMA Warum sich die Pharmaindustrie kaum noch um neue Antibiotika kümmert PREISTRÄGER IM FACHGEBIET CHEMIE 25

Vorschau KlarText Preis 2021 - 4 Seite 27
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